Wie lässt sich der Kopf bei skulpturaler Produktion ausschalten? Stefan Berchtold und Ingolf Keiner versuchen es, indem sie in der LivePerformance Kopfplastik: KodfFofomtTon lediglich den Kopf als Werkzeug zulassen.
»In dem Versuch, den verschiedenen Ansätzen der Performer und Performerinnen eine begrifflich gestützte Betrachtung und Leserichtung zu geben, hat ASA-European in dem Papier »Culture of Performance Art« eine Liste von Bezeichnungen gesammelt, die die Künstler für ihre Arbeit nutzen, sie darauf beziehen. Zum Teil sind diese Begriffe bereits kunsthistorisch besetzt, sind Leitlinien geworden. z. B.: moving sculpture, public sculpture, body art, body works, rituelle Plastik, expanded performance.
Im alten Konsum des Ortes Tornitz, Hauptsitz der Werkleitz Gesellschaft, fand nach der Eröffnung die erste Performance durch Ingolf Keiner und Stefan Berchtold statt. In dem Raum, der durch die in der länglichen Mitte plazierten Tische für die Internetpräsentation beengt war, lagen Tonkugeln in Kopfgröße unregelmäBig verteilt, zum Teil zwischen den Füßen der anwesenden Gäste.
Die beiden Performer traten durch die Tür in den Raum und jeder kniete sich nieder und begann mit dem Kopf, eine der Kugeln zu bewegen. Aus der Bewequng heraus wurde schnell sichtbar, dass die Intention ein skulpturaler Gestaltungsvorgang war. Kneten, rollen, drükken, anheben, Oberflächen strukturieren usw. Die nur mit der Stirn ausgeführte, direkte Berührung des Tons erforderte eine zum Teil gymnastische oder akrobatisch wirkende Körperhaltung, Kopf und Leib als skulpturale Handlung. So wurden nach und nach die Kugeln durch den Raum bewegt, nahmen Gestalt an und wurden aus einer Entscheidung heraus als Relikt verlassen, um sich der nächsten Kugel zuzuwenden, bis alle Kugeln bearbeitet waren. Die entstandenen skulpturalen Formen waren nicht der Zweck der Arbeit, meines Erachtens sind die
danach gestellten Fragen: ob nun diese Formen gebrannt werden, ob sie ausgestellt werden etc. hinfällig.
Da liegt auch die Sollbruchstelle, besteht eine Intention zur Produktion oder wird diese vermieden zugunsten der puren Handlung. Von Sartre stammen Sätze über Hände, die sich auf die Arbeiten von Wols und Giacometti beziehen. Die Handtellerspiele, die Skulptur in dem Vorgang des Entstehens. Die BODY ART in den sechziger Jahren begrifflich gefasst ist Performance im Geiste der Skulptur.«
Boris Nieslony
3. Werkleitz Biennale subfiction: Holger G. Hermann, Kees Mol, Lee Wen, Matthias Jackisch & Elvira Santamaria, Ray Langenbach, Stefan Berchtold & Ingolf Keiner, Vasan Sitthiket | Adib Fricke, Carmen Mörsch, Carsten Höller, Heidrun Gartenschläger, Jessica Curry, John Isaacs, Martin Schmidl & Florian Haas, Michaela Schweiger, Mimmo Rotella, Rotraut Pape, Rupprecht Matthies, Sabine Hartung, Sandra Schäfer, Susanne Bierwirth, Wim Delvoye | Andreas Köpnick, Bill Seaman, Bill Viola, Bruce Conner, Chris Newman, Constanze Westhoven, Dietmar Brehm, Gary Hill, Gerhard Wissner, Ingo Günther, Joan Jonas, Johan Grimonprez, John Baldessari, John Smith, Katharina Wibmer, Lisl Ponger, Mara Mattuschka, Marcel Schwierin, Martin Arnold, Martin Dammann, Matthias Müller, Paul Harrison & John Wood, Peter Campus, Raphael Montañez Ortiz, Sadie Benning, Stefaan Decostere, Thomas Korschil, Tony Hill, Tracey Moffatt, Volker Schreiner, Zbigniew Rybczynski
